Islamfeindlichkeit ist tödlich! //

Es ist wieder Donnerstag.

Ein paar Tage davor. Eine Nachricht in meiner Facebook Inbox.
Ich werde von den Organisatorinnen der Donnerstagsdemo angeschrieben ob ich eine paar Worte auf der Demo, der International Day for the Elimination of Racial Discrimination unter dem Motto "Good Night White Pride" reden könnte. Sofort eine Zusage. Denn ich habe mittlerweile genug zu sagen.

Ein paar Tage davor fand das Attentat von Christchurch statt. Es hat sich soviel angestaut an Worten, Gefühlen , Gedanken in mir und es war die perfekte Möglichkeit all das auszusprechen.

Also entschloss ich mich zu schreiben und es entstand folgendes:

Meine Rede für die Donnerstagsdemo // 21.März 2019

Ich wollte meine heutigen Worte mit der Erinnerung an das schreckliche Ereignis in Christchurch, New Seeland, beginnen. Mit dem Tod von 51 Menschen, die sich versammelt hatten, um letzten Freitag ihr Gebet zu verrichten bevor er eintrat. 

Und ich werde seinen Namen nicht nennen. Ich werde ihn nicht in seinem Ziel unterstützen, weltbekannt zu werden. Er tötete und filmte seine Tat.

Es sieht aus wie in einem Computerspiel. Er schießt und schießt und schießt. Tötet Kinder, Frauen, Männer, Menschen im Rollstuhl. Er tötet Töchter, Söhne, Schwestern, Brüder, Ehemänner und Ehefrauen, Freundinnen und Freunde, Großmütter und Großväter. Die Tat war schon lange geplant. Das Ziel ist die maximale Öffentlichkeit und der maximale Terror.

Damit wollte ich heute meine Rede eigentlich beginnen. Aber dann passierte etwas.
Gestern Abend saß ich und bereitete meine Rede vor, wiederholte sie und veränderte sie. Und mitten drin erhielt ich einen Anruf. Meine Freundin Amina, rief mich an. Sie war völlig aufgelöst und beängstigt. Gestern Abend war sie auf dem Heimweg von der Arbeit etwa 18h. Während sie von der Ubahn aussteigt, steigt ein Mann ein. Er schaut sie an als hätte er was zu sagen. Er geht auf sie zu, formt seine Hand zu einer Waffe , zielt auf sie und sagt: „Pouch, Pouch.“ Er imitiert das Geräusch einer Waffe, das Geräusch von zwei Schüssen. Sie steht entsetzt da. Er geht weiter, steigt in die Ubahn ein und verschwindet in der Masse. Eine Frau steht neben ihr, wirft ihr einen kurzen schockierten Blick zu, sagt nichts und geht weiter.

 Amina ruft mich kurz darauf an. Ihre Stimme zittert, sie hört sich beängstigt, schockiert an. Sie sagt, sie will nicht vor den Menschen weinen. Sie hat Angst, aber auch Angst ihre Gefühle zu zeigen. Sie will stark bleiben. Ich versuche sie zu beruhigen, ihre Angst zu nehmen, aber um ehrlich zu sein: Ich weiß selber nicht, was ich ihr sagen soll.
Wir telefonieren später nochmal. Zuhause. Weinend. Ich versuche sie zu beruhigen. Möchte ihr ihre Angst nehmen, aber ich merke, ich schaffe es nicht. Ich weiß, nicht was ich ihr sagen soll und frage mich kurz warum. Bis ich in mich höre und verstehe: Ich habe selber Angst. Wisst ihr, dass sie nicht meine erste Freundin ist, die mir so eine Geschichte erzählt? 

 Und gleich daraufhin erinnere mich daran, wie es mir Freitag Vormittag ging als ich die Nachrichten über die Ereignisse von Christchurch gehört habe. Auch da hatte ich Angst. Eine Angst, die ich so noch nie verspürte . Ich lag da … sprachlos, bewegungsunfähig, weinend… Ich war wie gelähmt, traurig, wütend, verletzt, verwirrt. Und so fühlte ich mich gestern wieder...

 Und ich stelle mir ständig nur diese eine Frage? Wie kommt es dazu?

Wie kommt es dazu, dass Menschen andere dermaßen entmenschlicht wahrnehmen, ihre eigene Menschlichkeit vergessen und eine solche Tat begehen?

Und bitte, benenn wir es beim Namen.

Das was in Christchruch passiert ist, war ein terroristisches Attentat. Der Täter ist ein Terrorist, ein Rassist, ein White Supremacist. Er hat sich bewusst und gezielt Moscheen und MuslimInnen ausgesucht und sie umgebracht. 

Und reden wir Klartext: antimuslimischer Rassismus existiert. Auch hier in Österreich. Er ist real, gefährlich und er ist tödlich: Er war tödlich in Chapell Hill als drei muslimische StudentInnen kaltblütig ermordet wurden. Er war tödlich als in einer Moschee in Quebec 6 Gläubige ermordet wurden. Er war tödlich als die schwangere Marwa El-Sherbini in einem deutschen Gerichtssaal vor den Augen der Justiz ermordet wurde. Vorgestern wurde eine schwangere Muslimin mit einem Kopftuch in die Bauch geboxt. Gestern Nacht hab es in UK 4 Anschläge auf Moscheen in Birmingham alleine. Die Liste ließe sich lange weiterführen. Ich höre fast täglich von meinen Schwestern, dass sie auf der Straße beschimpft, bespuckt, geschlagen werden. Islamfeindlichkeit ist real und er existiert - und das nicht erst seit den Anschlägen von Christchurch. 

 Vorgestern gab es ein Hearing im Parlament über ein Kopftuchverbot. Dieses Gespäch fand im österreichischen Parlament statt. Ich zitiere: „Ich bin nicht einer, der mit der Machete kämpft“, sagte Minister Faßmann und wurde darauf von einer geladenen „Expertin“ Ramadani unterbrochen: „Die Machete zu benützen, dafür bin ich da.“ Nachzulesen in der Presse von gestern. 

 Das Massaker in Christchurch begann nicht mit den Kugeln einer Waffe. Das Massaker begann mit Jahrzehnten voller tendenziöser, rassistischer, islamfeindlicher Berichterstattung. Und diese Berichterstattung findet auch in Österreich statt.

Und heute stehe ich da. Ich habe Amina mitgenommen und wir lassen uns sicher nicht einschüchtern. Hier stehen wir mit Menschen, die jeden Donnerstag hier stehen und die mit uns stehen. Wir fordern gemeinsam:

Es muss Schluss sein mit Islamfeindlichkeit JETZT!
Es muss Schluss sein mit Rassismus JETZT.
Wer Hass sät, wird Gewalt ernten und diese Gewalt bedroht uns alle. Das Attentat in Neuseeland müssen wir als Anlass nehmen, um über den tief verwurzelten Rassismus in unserer Gesellschaft zu reden. Denn was unsere PolitikerInnen heute an Hass und Hetzte predigen, ist was morgen von solchen Terroristen und Faschisten in Taten umgesetzt wird.
Es muss aufhören und es muss entschieden gegen Rassismus und Islamfeindlichkeit vorgegangen werden JETZT.
Eine andere Politik ist möglich! Ein anderes gesellschaftliches Klima ist möglich. Und auch hier haben wir in Neuseeland wunderbare Beispiele gesehen wie die Premierministerin Jacinda Arder, die zeigt wie ein Land in einer solchen Krise geführt werden kann und wie man Menschen mit Empathie und Zusammenhalt gewinnen kann, wie ein Land seine Wunden durch Gemeinschaft und eine kluge, politische Führung heilen kann. 

Darum fordere ich hier und heute: Schaut nicht weg, wenn ihr Rassismus und Islamfeindlichkeit seht. Lässt sie nicht wort- und tatenlos geschehen!

Sprechen wir darüber, machen wir es zu Thema. Schreiben wir darüber, reden wir darüber, berichten wir darüber. 

Schweigen wir nicht in der Straßenbahn, in der Ubahn, im Bus oder auf der Straße, wenn jemand wegen seiner Hautfarbe beleidigt wird, wegen ihrer Herkunft beschimpft wird, wegen ihrem Kopftuch angegriffen wird! Lasst uns wachsam sein, stehen wir den Opfern bei, holen Hilfe und halten zusammen! Geben wir Rassismus und Islamfeindlichkeit keinen Platz in unserer Gesellschaft!

Solange unsere Politik nicht eine Politik für alle Menschen in unserem Land macht und solange unsere Politik nicht aufhört zu spalten und zu entmenschlichen, so lange werden wir hier stehen:

Amina, Ich, du, ihr ... wir!
Jeden Donnerstag!
Immer wieder!

Zurück
Zurück

Über die Ohnmacht.

Weiter
Weiter

6 Moscheen in Wien die du gesehen haben musst